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Eine Strategie für mehr Investitionen, mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa

Stratgie

von Peter Bofinger, Franziska Brantner, Sebastian Dullien, Gustav Horn, Matthias Kollatz-Ahnen, Lisa Paus, Angelica Schwall-Düren, Gesine Schwan, Axel Troost und Harald Wolf

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Kommentar zur Wahl in Spanien

Wolf_SpanienAuch nach den Wahlen vom 26. Juni existiert in Spanien ein politisches Patt. Die Neuwahlen haben keine grundsätzlich veränderte Konstellation gegenüber dem Wahlergebnis vom Dezember des letzten Jahres hervorgebracht. Zwar konnte die konservative Partido Popular (PP) des amtierenden Ministerpräsidenten Rajoy ihren Stimmenanteil erhöhen, allerdings überwiegend auf Kosten der liberalen Ciuadadonos. Unidos Podemos, das Bündnis der aus der Bewegung der „Indignados“ hervorgegangenen Podemos und der Izquierda Unida  verfehlte ihr Ziel zweitstärkste politische Partei vor der sozialdemokratischen PSOE zu werden deutlich.  Zwar konnte sie ihr prozentuales Ergebnis vom Dezember im Wesentlichen halten, verlor aber insgesamt 1,2 Millionen Stimmen gegenüber den Wahlen vom Dezember. Obwohl noch immer zweitstärkste Partei verlor die PSOE fünf Sitze und erzielte ihr schlechtestes Ergebnis der jüngeren Geschichte.

Mit diesem Wahlergebnis befindet sich Spanien in einer politischen Krise. Die durch Korruptionsskandale diskreditierte PP wird es schwer haben einen Koalitionspartner  zu finden. Der Vorsitzende der PSOE, Pedro Sanchez, machte rasch klar, dass er nicht mit Rajoy koalieren werde und ihm auch nicht durch eine Enthaltung die Bildung einer Minderheitsregierung ermöglichen werde. Denkbar wäre zwar eine Mehrheitsbildung aus PSOE und Unidos Podemos mit Unterstützung linksnationalisitischer Abgeordneter aus Katalonien – dies ist jedoch unwahrscheinlich. Die Wahrung der Einheit des spanischen Staates ist für die PSOE nicht verhandelbar und ein Zusammengehen mit nationalistischen Parteien kaum denkbar – das machte der immer noch sehr einflussreiche ehemalige Ministerpräsident Felipe Gonzalez deutlich. Wie auch immer die jetzt beginnenden Sondierungsgespräche über eine Regierungsbildung bringen werden, eines scheint sicher: Spanien geht einer Phase großer politischer Instabilität entgegen.

Gleichzeitig befindet sich Spanien nach wie vor in einer tiefen Wirtschaftskrise. Zwar  hält Wolfgang Schäuble Spanien für ein Beispiel gelungener Krisenbekämpfung unter der Aufsicht der Troika aus EZB, IWF und Eurogruppe. Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache: Dass Spanien 2015 ein Wachstum von 3,2 Prozent verzeichnen konnte scheint Schäuble  auf den ersten Blick zu bestätigen. Aber ein genauerer Blick zeigt eine nach wie vor dramatische wirtschaftliche und soziale Situation: Spaniens BIP liegt noch immer unterhalb des Vorkrisenniveaus .Die Industrieproduktion brach in der Krise um ca. 40 Prozent ein. Die Arbeitslosigkeit ist mit mehr als 20 Prozent die zweithöchste in Europa nach Griechenland ist und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent. Die schlecht bezahlten, ungesicherten Arbeitsverhältnisse haben sprunghaft zugenommen. Sie stellte die spanische Statistikbehörde fest, dass drei von vier neu geschaffenen Arbeitsverhältnissen befristet sind. Die zeitlich befristete Beschäftigung – häufig über nur wenige Wochen oder Monate – macht bereits  als 25 Prozent aller Arbeitsverhältnisse in Spanien aus. Auch das von der Regierung Rajoy im Wahlkampf als Erfolg verkaufte Sinken der Arbeitslosigkeit entpuppt sich bei näherem Hinsehen als bloßer statistischer Effekt. Denn das Sinken der registrierten Arbeitslosigkeit korrespondiert nicht mit einem Anwachsen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: diese hat sich seit dem Amtsantritt der Rajoys sogar verringert. Hinter dem Rückgang der Zahl der registrierten Arbeitslosigkeit verbirgt sich eine Abwanderung  zum einen von Ausländern, die einst als Arbeitsmigranten  nach Spanien kamen und nun in anderen Ländern Beschäftigung suchen. Zum anderen haben viele junge Spanier das Land auf der Suche nach Arbeit verlassen. Gleichzeitig ist ein Anwachsen der Schattenwirtschaft zu verzeichnen.

Dass Spaniens Wirtschaftsleistung 2015 gewachsen ist  und nach allen Prognosen auch 2016 wieder wächst, hat einen einfachen Grund: nach einem massiven Abbau des Staatsdefizits in 2013 fanden seit 2014 keine massiven Einschnitte mehr statt. Sogar die öffentlichen Investitionsausgaben stiegen wieder leicht an. Gleichzeitig wuchs das Staatsdefizitwieder: Nach der Frühjahrsprognose der Kommission hatte Spanien das Jahr 2015 mit einem Defizit von 5,1 Prozent abgeschlossen und gilt damit nach Griechenland als der zweitgrößte „Defizitsünder“. Nach Auffassung der EU-Kommission müsste Spanien sein Defizit auf 2,8 Prozent zurückfahren, allerdings hatte die Kommission angesichts der bevorstehenden Wahlen eine Entscheidung im Defizitverfahren und die Verhängung möglicher Strafgelder angesichts der anstehenden Neuwahlen in den Juli vertagt. Aber die Empfehlung der Kommision ist klar: „eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits 2016 beziehungsweise 2017“, „notwendige Strukturmaßnahmen“ und die Nutzung aller Budgetgewinne für die Schuldenreduzierung. Sollte dies umgesetzt werden, würde die so  und so schon auf tönernen Füßen stehende wirtschaftliche Belebung wieder abgewürgt werden. Ein  neuer Schub von Europa verordneter Austerität hätte nicht nur gravierende wirtschaftliche und soziale Auswirkungen, sondern wäre ein weiterer Schritt zur Desintegration Europas.

Ein Weg heraus aus der aktuellen europäischen Misere in der Flüchtlingspolitik

Ein Weg heraus aus der aktuellen europäischen Misere in der Flüchtlingspolitik

Ein Weg heraus aus der aktuellen europäischen Misere in der Flüchtlingspolitik

Bisher gibt es weder theoretisch noch praktisch eine durchdachte deutsche oder europäische Flüchtlingspolitik. Sie müsste von der grundlegenden Einsicht ausgehen, dass die zunehmenden Flüchtlingswanderungen nicht neu sind und anhalten werden, je weniger es gelingt, dass die Ursprungsländer auf eigene wirtschaftliche und rechtsstaatlich-politische Weise auf die Beine kommen.

Die EU-Kommission hat erste Schritte für eine europäische Flüchtlingspolitik (europäische Grenze und Grenzschutz, europäisches Asylverfahren, nationale Kontingente in Europa) veröffentlicht, muss aber immer, wenn es zur Frage ihrer Finanzierung kommt, mit dem Widerstand der europäischen Länder, insbesondere von Wolfgang Schäuble und Angela Merkel rechnen. Zugleich wird der Druck größer,

  1. sich nicht immer mehr von Erdogan abhängig zu machen,
  2. Todestragödien im Mittelmeer oder woanders auf der Flucht zu vermeiden,
  3. unkontrollierte bzw. ungesteuerte Einreisen von Flüchtlingen nach Europa zu vermeiden,
  4. sich aber nicht nur auf Abschreckung zu fokussieren, was den Werten der EU zuwider läuft und außerdem auf Dauer unwirksam ist.

Die einzige Chance, eine humane und zugleich gesteuerte und kontrollierte Flüchtlingspolitik zu betreiben, die den EU-Werten entspricht, liegt darin, legale Zugänge nach Europa in Europa zu eröffnen mit freiwilliger Beteiligung der europäischen Aufnehmer ebenso wie der Flüchtlinge. Ziel könnte sein, pro Jahr ca. 500.000 Flüchtlinge in Gesamteuropa aufzunehmen.

Dazu brauchen wir zusätzlich zum Asylgesetz ein europäisches Einwanderungsgesetz, das legitim und legal eine Obergrenze für Einwanderer (nicht für Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge!) festlegt und Wartelisten anzulegen erlaubt. Diese Schritte brauchen viel Zeit und sind aktuell in der EU noch gar nicht konsensfähig.

Kurzfristig haben Emmanuel Macron und Sigmar Gabriel im vergangenen Herbst einen 10 Milliarden Fonds zur Stabilisierung der Region um Syrien herum vorgeschlagen. George Soros hat seinerseits angeregt, dass die EU jährlich 30 Milliarden aufwendet (z.B. über Anleihen), um die Aufnahme von Flüchtlingen in der EU zu finanzieren und zugleich ein Wirtschaftswachstum anzuschieben. Matteo Renzi hat ebenfalls einen Anleihe –Fonds der EU für die Aufnahme von Flüchtlingen und für die Stabilisierung von Nordafrika nahegelegt und in Italien ein Programm begonnen, das es Gemeinden ermöglicht, sich um Finanzierung für die Aufnahme von Flüchtlingen zu bewerben. Maria Joao Rodrigues hat eine Umwandlung der Flüchtlingskrise in eine Wachstumsinitiative vorgeschlagen, bei der die Flüchtlingsaufnahme wie die Außengrenzen europäisiert und europäisch finanziert werden sollen. Die aufnehmenden Länder sollen Finanzhilfen für notwendige Infrastrukturmaßnahmen zur Aufnahme von  Flüchtlingen durch Flüchtlings-Bonds erhalten, damit zugleich ein Wachstum initiieren und Arbeitsplätze schaffen können.

Bisher sind diese Ideen daran gescheitert, dass der Europäische Rat unter der Führung der deutschen  CDU/CSU jegliche Flüchtlings-Anleihen abgelehnt hat.  Dabei hoffen die CDU/CSU und Bundeskanzlerin Merkel weiterhin auf eine Lösung der ungeregelten Flucht durch das Abkommen mit der Türkei, durch weitere gleichartige  Abkommen mit nordafrikanischen Ländern (z.B. Libyen) und durch deren Erklärung zu sicheren Drittstaaten. Damit sollen die Flucht nach Europa generell gestoppt bzw. die Flüchtlinge abgeschreckt und – gegebenenfalls – außerhalb der EU legale Zugangsmöglichkeiten nach Europa geschaffen werden.

Alle drei Vorschläge schließen die massive Missachtung von Menschenrechten ein, entziehen damit der EU ihre ethische Glaubwürdigkeit, d.h. die normative Basis ihrer politischen Ordnung, bleiben eine Antwort auf den offenkundigen innereuropäischen  Mangel an Solidarität und die innere Erosion des europäischen Zusammenhalts durch wiedererrichtete innereuropäische Grenzen schuldig und sind hilflos gegenüber der andauernden sozialen und ökonomischen Krise der Arbeitslosigkeit, der grassierenden Armut und der zunehmenden sozialen Diskrepanzen in der EU. Damit setzen sie die Zukunft der Europäischen Union und der Nationalstaaten, auch Deutschlands auf’s Spiel. Und sie lassen das Potenzial an Hilfsbereitschaft und Innovationsenergie in der EU brach legen.

Dabei bietet die jetzige Situation die Chance, einen konsequenten Schritt in Richtung einer humanitären europäischen Flüchtlingspolitik zu tun und  zugleich – gleichsam als Scharnier –  einen pragmatischen und attraktiven Übergang in eine Investitions- und Wachstumsstrategie zu finden. Damit können – salopp gesagt – drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden:

  1. Wir können eine wertekonforme humane Flüchtlingspolitik mit legalem Zugang nach Europa beginnen.
  2. Wir können eine Wachstumspolitik in Europa einleiten.
  3. Wir können einen politischen Neustart in der EU initiieren durch eine bottom-up Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen, die zugleich sozialen Zusammenhalt und europäische Identität stiftet.

Chance eines Anreizsystems über einen Fonds

Da alle festgelegten europaweiten Kontingente bzw. Verteilungen von Flüchtlingen auf die Nationalstaaten  bisher gescheitert sind und in Zukunft vielleicht auch an den Entscheidungen der Flüchtlinge selbst scheitern, muss ein positives Anreizsystem – kein Bestrafungssystem – geschaffen werden, das

  1. einen Zuzug unterhalb der Ebene der Nationalstaaten in den Kommunen ermöglicht (weil die nationalen Regierungen Angst vor ihren rechten Parteien haben)
  2. auf Freiwilligkeit bei den Aufnehmenden wie bei den Flüchtlingen beruht
  3. statt der Verteilung „von oben“ eine Nachfrage „von unten“ initiiert.

Der Weg:

Wir sollten einen europäischen (nicht nationalen! nicht regionalen! nicht landesspezifischen!) Fonds schaffen, bei dem sich die europäischen Gemeinden, die dazu bereit sind, für die Finanzierung der Aufnahme von Flüchtlingen bewerben können. Das könnte zunächst durch ein Pilotprojekt geschehen, das auf die Unterbringung der 160.000 Flüchtlinge zielt, die aufzunehmen die Nationalstaaten schon beschlossen haben. Hier würde sich die Frage der Genehmigung durch die Nationalstaaten erst einmal erübrigen. Die nationalen Regierungen wären ihrerseits von der Sorge befreit, intern rechte Parteien zu stärken, wenn sie sich bereit erklären, die versprochenen Kontingente von Flüchtlingen aufzunehmen, um die Kommunen sich bewerben.

Rechtlich bleibt die Genehmigiung von Flüchtlingen bei den Nationalstaaten. Sie ist nicht zu umgehen. Wenn man die kommunale Aufnahme über die bereits zugesagten 160 000 Flüchtlinge hinaus organisieren will, kann man auf der Grundlage eines zu organisierenden Fonds  Gemeinden einladen, sich um Flüchtlinge zu bewerben. Die Staaten müssen der Aufnahme zustimmen und es müssten nationale Kommissionen gebildet werden, die über die Bewerbung der Gemeinden entscheiden. Ihnen sollten  Multi-Stakeholder Beiräte (incl. NGO’s) für die Vorauswahl zugeordnet werden, damit die Auswahl nicht einfach nach „bürokratischen“ Kriterien erfolgt. Das genaue Verfahren ebenso wie die Konstituierung des Fonds müssen weiter ausgearbeitet werden.

Die Chance dieses Vorschlags liegt trotz des „Nadelöhrs“ der nationalen Zustimmung zur Aufnahme von Flüchtlingen darin, dass es den Nationalstaaten schwerer fällt, Flüchtlinge abzulehnen, wenn sich gemeinden aus eigenem Interesse für die Aufnahme melden. Dadurch ändert sich die Legitimationssituation.

Für Gemeinden besteht ein vielfältiger Anreiz, angesichts des demographischen Wandels ihre Zukunft und ihre Infrastruktur durch neue Bewohner zu sichern und weiterzuentwickeln.

Die Regelung sollte vorsehen, dass die aufnahmebereiten Gemeinden zu einer gemeinsamen Entscheidung durch eine Governance gelangen, an der die kommunalen politischen Vertreter, die organisierte Zivilgesellschaft (einschließlich von Gewerkschafts- und Kirchenvertretern) sowie Vertreter der Unternehmen teilnehmen. Diese Entscheidung müsste sich auf Projekte beziehen, die zugleich den innergemeindlichen Zusammenhalt stärken. So könnte an der Basis der Graben überwunden werden, der in vielen europäischen Ländern vor allem Arbeitgeber und Arbeitnehmer voneinander trennt. Darüber hinaus würde dieses Vorgehen eine neue bürgernahe europäische Identität stiften, die durch zwischengemeindliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit und good practice Austausch weiter gestärkt werden könnte.

Merkmale  des Fonds

Der Fonds könnte als Trust-Fonds an einer anerkannten europäischen Institution angesiedelt sein (z.B. der EIB), allerdings besondere Regeln der Zusammensetzung und der Entscheidungsfindung beachten. Denn dessen Ziel ist nicht einfach die Sicherung schneller und hoher Rendite, sondern – im Sinne der neuen Idee des „social impact investment“:

  • die Investition in sozial integrative Projekte in Bezug auf die Bewohner der Kommunen, die sich trotz unterschiedlicher sozialer Zugehörigkeiten (Arbeitnehmer/Arbeitgeber) für die Entscheidung einigen müssen
  • die Reduzierung von Arbeitslosigkeit der Bewohner der Kommunen durch nachhaltiges Wachstum
  • der Einbau einer Komponente zur Verhinderung von Korruption (z.B. das Programm „Local Integrity System“ von Transparency International)
  • eine überlegte Strategie der Integration von Einwanderern und „Alteingesessenen“
  • eine Erneuerung des europäischen Zu- und Zusammengehörigkeitsgefühls
  • die Erneuerung und Verlebendigung der normativen Grundlagen der EU durch die realistische Perspektive eines legalen Zugangs von Flüchtlingen in die EU.

Die Finanzierung des Fonds könnte über europäische Anleihen geschehen.  Eine Variante wäre über Extrazahlungen der Nationalstaaten , vielleicht mit der Bedingung, dass sich nur Gemeinden aus den Staaten bewerben können, die eingezahlt haben.

Wer wir sind

Überparteiliche Initiative „Restart Europe Now!“

Überparteiliche Initiative "Restart Europe Now!"

Wir wollen für eine bessere Europapolitik sorgen.

Europa ist in seiner bislang schwersten, ja in einer existenziellen Krise, die an die faktischen und die moralischen Wurzeln des Zusammenschlusses geht. Die britische Abstimmung über einen Verbleib des Königreichs in der EU, die noch immer nicht gelöste Euro-Krise, die zunehmende Polarisierung gegenüber Russland und die Zuspitzung des Flüchtlingsdramas, in dem die Abschottung zwischen den Staaten zunimmt und Europa zu jener Festung zu werden droht, die es nie werden wollte – alles dies unterminiert unsere Wertegemeinschaft und trägt zur Auflösung des europäischen  Zusammenhalts bei.

Gleichzeitig steht eine Reihe von Mitgliedsländern in der Union unter dem Druck rechtskonservativer, rechtsextremistischer  und europaskeptischer Parteien, die bei einem Wahlerfolg dem britischen Vorbild nachfolgen dürften. Die jüngsten Studien der OECD erkennen, mit Ausnahme der skandinavischen Länder, eine zunehmende soziale Spaltung in den europäischen Mitgliedsländern, die ebenfalls zu einer Stärkung der rechtsextremen Parteien beiträgt.

Die Austeritätspolitik, die auf Druck Deutschlands alternativlos durchgesetzt wird und die demokratische Legitimation der EU schon seit Jahren unterminiert, stärkt zudem Fliehkräfte, die das grenzenlose Europa erst schwächen und dann zerstören können.  Darunter leidet auch ganz offensichtlich die Attraktivität der Europäischen Idee bei den jungen Europäerinnen und Europäern, die besonders stark von Arbeits- und Perspektivlosigkeit betroffen sind. Um dagegen anzugehen, haben sich Mitglieder verschiedener Parteien, von Gewerkschaften, Kirchen, der organisierten Zivilgesellschaft, ebenso wie aus der Wirtschaft und Wissenschaft zusammengefunden, um öffentlich für die demokratische und soziale Festigung und Weiterentwicklung der Europas zu kämpfen.  

Die Europäische Union gründet im freien Zusammenschluss der europäischen Staaten und im Respekt vor ihrer Vielfalt. Sie ist eine Antwort auf die Zerstörung Europas im zweiten Weltkrieg und auf eine deutsche Hybris, die sich das vielfältige Europa untertan machen wollte, nicht zuletzt durch eine Politik und durch Ordnungsvorstellungen, die den Nachbarn aufgezwungen werden sollten. Der Erfolg dieser inneren Einheit Europas wurde in den letzten Jahren gerade auch durch deutsche Politik zunehmend aufs Spiel gesetzt.

Deshalb müssen wir dringend umsteuern. Auf neuen Wegen müssen wir zur Wiederbelebung der einigenden Europäischen Idee durch konkrete wirtschaftliche, soziale, friedenspolitische und kulturelle Initiativen und Strategien gelangen und damit den  Europäischen Zusammenhalt stärken und weiterentwickeln.

Dazu werden wir von Zeit zu Zeit konkrete Maßnahmen ebenso wie langfristige politische Perspektiven vorschlagen und Kampagnen starten, die die Politik herausfordern und beeinflussen sollen.

Wir sind eine Gruppe von europapolitisch engagierten Personen, die „Restart Europe Now!“ gegründet haben. Wir sind offen für persönliche und sachliche Vorschläge und für engagierte Mitarbeiter, die dem Ziel folgen, die demokratische Legitimation der Europäischen Union, ihren sozialen Zusammenhalt, den wirtschaftlichen Wohlstand aller Bürgerinnen und  Bürger und das Engagement des Kontinents für den globalen Frieden zu unterstützen.

Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner:

Gesine SchwanVorsitzende der SPD-Grundwertekommission und zweimalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin

Klaus Barthel, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD

Andreas BotschAbteilungsleiter Europa und Internationales sowie DGB Bundesvorstand

Franziska BrantnerMdB Bündnis 90/Die Grünen

Florian von BrunnMdL SPD

Sebastian DullienProfessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sowie Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations 

Peter EigenGründer und Vorsitzender des Beirats Transparency International

Janis FifkaJusos Münster

Detlev GantenPräsident des World Health Summit

Jörg HafkemeyerProfessor an der UdK Berlin und Publizist

Uwe-Karsten HeyeAutor und Publizist

Dierk HirschelGewerkschaftssekretär

Johannes HiryJusos Saar

Reiner Hoffmann, DGB Bundesvorsitzender

Gustav HornProfessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen

Cansel Kiziltepe, MdB SPD

Lukas KrüdenerJusos Berlin

Henning MeyerSocial Europe und SPD Grundwertekommission

Hans MisselwitzStaatssekretär a.D.

Peter Ruhenstroth BauerRechtsanwalt, Staatssekretär a.D.

Gerhard SchickMdB Bündnis 90/Die Grünen

Harald SchumannJournalist und Filmautor

Angelica Schwall-DürenStaatsminister a.D.

Dieter SpöriMinister a.D. und Ehrenpräsident der Europäischen Bewegung Deutschland

Ralf Stegnerstellv. Parteivorsitzender der SPD sowie Fraktions- und Landesvorsitzender der SPD Schleswig-Holstein

Ernst StetterGeneralsekretär Foundation for European Progressive Studies

Johano StrasserMitglied der SPD-Grundwertekommission

Carolina ToboBundesvorstandsmitglied SPD Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt

Axel TroostMdB und stellv. Parteivorsitzender DIE LINKE

Johanna UekermannBundesvorsitzende der Jusos in der SPD

Hans-Jürgen UrbanIG Metall

Antje VollmerVizepräsidentin des Deutschen Bundestages a.D.

Heidemarie Wieczorek-ZeulBundesministerin a.D.

Harald WolfMdA und Senator a.D. & Mitglied des Parteivorstands DIE LINKE

Fabian von XylanderSPD Berlin