Der Nobelpreis für Literatur erinnert an ein besseres Amerika
von Uwe-Karsten Heye
Diese Norweger haben es geschafft, mit der Preisverleihung an Bob Dylan an einen Amerikaner zu erinnern, der dazu beitrug, gegen den hässlichen, von Kriegsverbrechen gezeichneten Vietnamkrieg mit seinen poetischen Liedern Kräfte zu mobilisieren, die in Indochina den längsten Krieg der Neuzeit nach 15 Jahren beenden halfen. Er war der Poet einer Generation, die – jedenfalls auf Zeit – das Beste erkennbar machte, was diesem Land verfügbar war: eine widerständige junge Generation, die weltweit ein Vorbild war, und den Generälen die Gefolgschaft verweigerte. „Make love not war“ wies den Weg aus der Sackgasse der verlorenen Ehre der USA. Sie hatten tonnenweise die chemische Waffe Agent Orange auf Vietnam regnen lassen.
Es war die Macht des gesungenen Wortes – „times are changing“, die den Gezeitenwechsel einer auf das Militärische reduzierten Außenpolitik des Henry Kissinger in Gang brachte und den Sturz des Präsidenten Richard Nixon über Watergate beflügelte. Bob Dilan, der Song-Poet, der Lyrik in Noten setzt und zeigte, wie viel Kraft sich aus künstlerischer Transformation entwickeln kann.
Die Begeisterung, die der Nobelpreis für Bob Dylan nicht nur in Europa ausgelöst hat, kommt zu einer Zeit, da die USA erneut an einer Bruchlinie stehen, die von Donald Trump gezogen wird. Er ist der schäbige Vertreter eines entfesselten Kapitalismus`, der wie der Ziehvater der kleinkriminellen Anführer der „europäischen Patrioten“ in Dresden wirkt. Die dem christlichen Abendland nachweinenden Montagsmaler des Untergangs finden sich aber derzeit an vielen Orten der Welt. Auch in Europa.
Gott bewahre uns davor, dass diese Geisteshaltung auch noch das waffentechnisch bestgerüstete Land der Welt unter seine Fuchtel nehmen kann. Dagegen steht ein Amerika, das es immer wieder geschafft hat, nicht vollends aus der Kurve getragen zu werden. Bob Dylans wunderbare Lyrik, seine aufmerksamen Texte und seine bis in das fünfundsiebzigste Lebensjahr reichende kritische Haltung gegenüber falschen Tönen haben ihm zu vielen Preisen verholfen, Grammies und den Oskar und jetzt den Nobelpreis.
Die Weisheit der norwegischen Jury für den diesjährigen Nobelpreis für Literatur ist geradezu preiswürdig. Sie wird sich begnügen müssen und können mit dem weltweiten Beifall für eine Entscheidung, die ermutigt daran zu glauben, dass der blaue Planet trotz der ihn immer wieder gefährdenden Menschheit überleben wird.
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